Im Institut für Stadtgeschichte

Es ist eigentlich recht einfach, Tagebücher zu recherchieren. Allein über das Bundesarchiv lassen sich in der Zentralen Datenbank Nachlässe auf die Schnelle über 1850 Einträge in verschiedenen deutschen Archiven lokalisieren. Schwierig wird es erst, wenn man sich die Objekte vor Ort anschauen will. Dann ist es besonders praktisch, wenn die Wege ganz kurz sind und man nur über die Brücke zur anderen Mainseite ins FrankfurterInstitut für Stadtgeschichte gehen muß. Selbst wenn zuvor der virtuelle Umweg über das Bundesarchiv vonnöten war.

Das Institut für Stadtgeschichte hieß früher schlicht Stadtarchiv und ist im Karmeliterkoster ansässig. Ein beschaulicher Ort mit einem wunderschönen ruhigen Kreuzgang während draußen der Lärm der Stadt tost. Derzeit tost es allerdings auch im Kloster, denn das Gebäude wird saniert und deswegen ist der Lesesaal nicht dort, wo er üblicherweise ist. So stehe ich vor einem hohen Zaun, ein Wikingerschiff weist mich zum Museum für Vor- und Frühgeschichte, doch kein Institut für Stadtgeschichte in Sicht. Dank eines Tipps eines Bauarbeiters umrunde ich den Block und hinter der Tür, die sonst zum Kellerkabarett „Die Schmiere“ führt, geht es derzeit weiter zum Lesesaal.
27. April: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt
Dort warten schon die bestellten Nachlaß-Funde im Regal. Es ist ein bißchen wie Weihnachten, man sieht die Geschenke vor sich und fragt sich, was einen nun erwartet. Eva Bös kommt nach und zu zweit sitzen wir über den Büchern: Ein Kriegs-Tagebuch aus dem 2. Weltkrieg. Tagebücher des 19. Jahrhunderts. Eine Mutter, die Tagebuch für die im Rollstuhl sitzende Tochter schreibt. Ein Frankfurter Geschäftsmann auf Reisen nach Südostasien und Japan. Ein Tagebuch eines Jugendlichen im Nachkriegs-Frankfurt. Die größte Schwierigkeit ist es, die Handschriften zu entziffern.
24. April 2007: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt
Reden ist im Lesesaal unerwünscht. Stillarbeit. Im Laufe des Tages kommen immer mehr Rechercheure hinzu. Ein Mann sitzt über mittelalterlichen Chroniken. Die Luft wird immer dicker, der Raum wärmer. Nachmittags schwirrt einem der Kopf, doch alles Wichtige ist in unseren Notizbüchern festgehalten.
Erstveröffentlichung auf http://tagwerke.twoday.net

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