Ein Hoch auf Blogger und Logger

Letzten November habe ich an einer Vorrecherche für die „Absolut privat!?“-Ausstellung gearbeitet. Ich sollte recherchieren, wie sich der wissenschaftliche Stand im Bereich Neue Medien darstellt. Sehr bald wurde mir jedoch klar, mit wissenschaftlichen Texten und Studien komme ich nicht weit, um Fachfremden das Phänomen in seinen unterschiedlichen Facetten zu schildern. Also legte ich noch eine zweites Materialheft an: „7 Tage Blogs“. In diesem gab es für jeden Tag einer Woche im November 2006 eine Auswahl von Blogeinträgen, mitsamt Desktop-Foto des Blog-Layouts.

Über 40 Blogs hatte ich ausgewählt vom echten Strickblog bis zu den Vermeintlichen, den tagebuchähnlich geführten. Ebenso waren Meta-Blogs, journalistische, juristische oder auch Teenie-Blogs dabei; A-Blogs sowie Beispiele des Long Tail. Zusätzlich waren drei Interviews mit Bloggernund einem Online-Tagebuchschreiber eingefügt: Die Fragen zielten auf die Selbstsicht, die Motivation und das Verständnis vom eigenem Schreiben. Fast so dick wie meine Magisterarbeit war am Ende dieser „Zusatz“ zu der in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Recherche.

Einen dieser Tage zierte der Blogeintrag von Anke Gröner: „Mein Opa war Blogger„. Er war einer der Gründe, warum ich genau diese spezielle Woche ausgesucht hatte. Dass diese Geschichte wunderbar zu unserem Tagebuchbezug passte war offensichtlich, aber die Idee, das „wir die Holzblöcke unbedingt für die Ausstellung ausleihen müssen“ kam zuerst gar nicht von mir, sondern von Dr. Christiane Holm. Hier war der Fokus von der Recherche schon längst Richtung Ausstellungskonzeption gegangen. Die Blöcke sind wunderbare Tagebuchobjekte, werden sich von der Menge an Büchern absetzen, dazu der Blog-Kontext. Eine Geschichte, wie bestellt.

Im Februar 2007 gab es den ersten Kontakt per Mail, dann per Telefon. Die Eltern von Anke Gröner mussten auch kontaktiert werden, denn diese besaßen den Hauptanteil der großväterlichen Holzblöcke. Herr Gröner war zunächst etwas verwundert, was wir mit den Holzstücken wollen. Ins Museum? Eine Ausstellung? Die ständen in einer Kiste im Keller.
Das nächste Problem bestand darin, dass ich kommen wollte, die Objekte anschauen, Information sammeln, vielleicht sogar schon die Objekte abholen, doch kein Termin ließ sich finden.
10. August 2007: Tagebuch-Block von Anke Groener, Hamburg
Letztendlich besuchte ich während meines Sommerurlaubs Anke Gröner in ihrer schönen Hamburger Altbauwohnung. Das war sehr angenehm, neben der Geschichte mit den Opa-Blöcken, fragte ich vieles zu ihrem Bloggen nach, neben mir ein kleines digitales Diktiergerät, vor mir Anke, die mit mir plauderte. Irgendwann kam ein Telefonanruf der Eltern, ob es mir etwas ausmachen würde, wenn am nächsten Montag, also dann wenn ich die Kiste mit Tagebuchblöcken holen wolle, auch eine lokale Reporterin anwesend sein werde. Diese wolle vielleicht auch ein Foto machen. Da ja Werbung im Sinne unserer Ausstellung ist wurde alles bejaht, gar kein Problem, gerne auch mit Foto. Am Ende des Abends hatte ich Anke Gröners Klotz in den Händen und verpackte ihn für den Transport nach Frankfurt.
13. August 2007: Kiste mit Tagebuch-Blöcken der Familie Groener
Zwei Tage später mitten im ländlichen Idyll im Umland Hannovers,
saß ich an der Kaffeetafel mit Herrn und Frau Göener und einer Journalistin einer Lokalredaktion der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Diese hatte gründlich recherchiert, wusste alles von Anke Gröners Blog und wollte nun von der Ausstellung erzählt bekommen und wie wir auf die Tagebuchklötze der Famile Gröner gekommen seien. Ich erzählte viel Gutes über Anke und ihr Schreiben im Netz. Die Eltern saßen sichtlich stolz auf der anderen Tischseite, mehrmals erwähnte Herr Gröner, dass sie selber ja gar kein Internet hätten: Daraufhin erklärte ich ihm, was genau den Blogs seien. Dann gingen wir alle in den Garten, wo Gröners selbst Holzmieten stehen haben. Vor diese wurde ich platziert, die Holzkiste mit den Blöcken in den Armen und lächelte in die ‚Kamera. Warum dann unbedingt ein Foto genommen wurde, bei dem ich am Reden bin und nichts von einem netten Lächeln zu sehen ist, bleibt mir auf ewig ein Rätsel.
13. August 2007: Holzmiete
Mittlerweile sind die Klötze bei mir im Museum für Kommunikation in Frankfurt gelagert, waren auch schon beim Museumsfotografen zum Fototermin. Schließlich muss nun das Fotomaterial für den Katalog angefertigt werden. In der Ausstellung selbst werden alle mitsamt Kiste zu sehen sein, zudem Anke Gröners Blogeintrag am PC und ein Text, der erklären soll, warum Anke Gröner eine Blogger(in) ist und ihr Opa dagegen eher ein Logger war. Dies wird dann in Frankfurt, in Berlin und in Nürnberg zu sehen sein, nur in Hamburg, da leider nicht.

Die letzten Zeile richten sich nach drüben , da blieben Fragen offen und wenn man nicht kommentieren kann, so will man doch wenigstens antworten.

Erstveröffentlichung auf http://tagwerke.twoday.net

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