Durch die Sammlung des Museums für Kommunikation Berlin
Über mir dröhnt das Kleinflugzeug – erstaunlich tief – über das Stadtgebiet. Der Flughafen ist nah. Vor mir stehen Backsteinbauten, die Telekom ist hier ansässig, doch ein Schild weist mir meinen Weg zum „Museum für Kommunikation“. Richtigerweise müsste dort zusätzlich Sammlung stehen, denn das Museum selbst sitzt in der
Leipziger Strasse. Die
Sammlung zur Kommunikationsgeschichte fußt auf der Gründung des Museums zum Ende des 19. Jahrhunderts und den Sammlungsanfängen vom damaligen Postminister
Heinrich von Stephan.
Die Bestände zur Brief- und Bürokultur und auch Postgeschichte werden heutzutage in Berlin aufbewahrt, während in Frankfurt (genauer gesagt im Depot in Heusenstamm) die Fahrzeuge, die Kunst und alles zur Fernmeldetechnik und Mediengeschichte liegen. Ich interessiere mich für die Werkzeuge des Schreibens. Schreibzeuge liegen in Berlin. Also geht es Montag früh in den Sprinter. Um 11 Uhr bin ich mit einer der Sammlungsreferentinnen verabredet. Unser erstes Ziel sind die Schreibmaschinen, diese sind in Metallschränken untergebracht. Der Raum ist grau in grau: grauer Boden, graue Schrankreihen, kühles Licht der Neonröhren. Schrank für Schrank wird geöffnet. Auf den Knien oder auf dem Leiterchen, nichts hält uns ab Objekte, die passen könnten zu fotografieren. Wenn vorhanden, wird die Inventarnummer notiert, der Standort vermerkt. Zurück im Frankfurt werde ich mir die Datenblätter aus unserem Inventarisierungsprogramm ausdrucken.
Ich hab ein Faible für die kleineren Reisemaschinen, aber auch für die rote IBM. Doch welche wurde tatsächlich oft von Privatleuten genutzt. Welche Maschine ist die richtige für private Schreibkultur? Oder: Ist ein Modell derer dabei, wie von Max Frisch in „Homo Faber“ beschrieben?
Danach geht es auf ein anderes Stockwerk. Der Hauptteil der Arbeit liegt noch vor uns. Der Bestand zu Schreibzeugen ist weit größer, der Raum ist hingegen kleiner. Immerhin gibt Tageslicht, zumindest wenn man das Rollo hochzieht. Tintenfässer, Gänsefedern, Füllfederhalter, Löschpapiere, Stiftehalter gibt es hier zu sehen. Manche ganz unspektakulär aus dunklem Holz oder weißer Keramik, dafür aber noch mit original Tintenresten. Andere zeigen sich skurril oder romantisch verklärt: silberne Tintenfässchen mit röhrenden Hirsch, Löschwiege im Blümchendekor, Reiseschreibzeug zum Zusammenklappen für die Grand Tour, gerade richtig für die Notizen in der Kutsche.
Und mittendrin eine Überraschung: ein Lederetui. „Tagebuch“ steht drauf. Innen drin im roten Stoff ein Buch, doch die Blätter sind ausgerissen, nur Deckblatt und Ende sind erhalten. Autor und Jahr sind dort vermerkt, doch die Erlebisse bleiben uns verborgen.
Zurück in Frankfurt wird es ins Heusenstammer Depot zu den mehr oder weniger alten Computern und Modems gehen. Doch vorerst bleiben wir noch in Berlin. Auf unserem Plan steht das Archiv der Akademie der Künste. Dort: Alltagstagebücher, literarische Tagebücher und Künstlertagebücher. Und die Kempowski-Ausstellung. Wir sind gespannt!