„Tagebücher. Das Gespiegelte Ich“ im Strauhof Zürich

Wir wissen es ja eigentlich schon länger, aber heute konnten wir es schwarz auf weiß in der FAZ lesen – wir haben Konkurrenz. Schon Mitte Dezember startete im Strauhof in Zürich eine Ausstellung zum Thema Tagebuch.

Unter dem Titel „Tagebuch. Das Gespiegelte Ich“ präsentiert die Ausstellung Tagebücher aus und zu jeder Lebenslage – angefangen bei der Niederschrift schriftstellerischer Ideen über Kriegs- und Reisetagebüchern bis hin zu den ‚Letzten Zeilen’ kurz vorm Tod der Autoren. Dabei mangelt es den Zürichern nicht an berühmten Namen – unter den Exponaten finden sich Texte von literarischen Persönlichkeiten von Sören Kierkegaard bis Elias Canetti.
Die Unikate, Faksimiles und publizierten Aufzeichnungen sind zusammen mit Hörstationen in überdimensionalen Tagebuch-Aufstellern untergebracht – thematisch geordnet und passend dekoriert. So präsentiert sich zum Beispiel das Thema ‚Erotische Intimitäten’ als riesiges, mit weinroten Brokat ausgeschlagenes Journal, dass die FAZ ein wenig an ein „Beichthäuschen“ erinnert.

Überhaupt spielt die Ausstellung in Zürich gern mit der Intimität (oder auch: der vermeintlichen Intimität) der Tagebücher: „Lesen Sie fremde Tagebücher?“ fragt der Wegweiser zur Ausstellung um den Leser sogleich mit „Lesen Sie fremde Tagebücher!“ augenzwinkernd zur Indiskretion einzuladen. Wenn wir also hinter ‚absolut privat’ ein Fragezeichen setzen, antwortet Zürich mit einem deutlichen Ausrufezeichen. Hier drehen sich viele Fragen um das Private, um die Frage z.B., ob und wann ein Tagebuch das Private authentisch wiedergibt, oder wann und warum man sich entschließt die privaten Aufzeichnungen zu vernichten.

Schließlich verfolgt die Ausstellung auch die Entwicklung des Tagebuchs bis zum Blog. Die Frage aber, was diese Entwicklung für Ideen wie Öffentlichkeit und Privatsphäre bedeutet, bleibt offen. So fragte sich die NZZ nach dem Ausstellungsbesuch, ob sich in unterschiedlichen Materialien und Medien, nicht nur Form sondern auch Funktionsänderungen im Tagebuchführen niederschlagen. Und damit beschreibt sie ziemlich genau das Thema unserer Ausstellung.
Also doch alles nicht so dramatisch – denn wo Zürich aufhört, fangen wir an.

  • Umfassender Bericht über die Ausstellung bei art-tv.ch

Ursprünglich veröffentlicht auf: http://tagwerke.twoday.net

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